Sonntag, 26. April 2009

Digital, intellektuell, kreativ sucht...sich selbst.

Der trend-nerdige, vielbeschäftigte freelancierende Kommunikationsdesigner sitzt mit weißem Mac im Gerade-In-Café in Berlin-Mitte. Was macht er da eigentlich oder auch nicht? Wolfgang Büscher inspiziert äußerst amüsant eine Spezies, an der ich einerseits so nah dran und gleichzeitig ganz weit weg bin. Trägt nicht unbedingt zur Schubladen-Entmythisierung bei. Egal, ich lach mich trotzdem schlapp.

Samstag, 18. April 2009

Frank Nerdigger #2

Wunderbar endlos, diese Beine in lila Strumpfhosen, die Füße in hochhackigen, leicht spießig-tussig wirkenden Lederstiefeln, die jedoch durch die Tatsache, dass sie nach 10 cm einfach abgeschnitten worden waren, Franks Blick fesseln und die transpiratorischen Vorgänge an den Innenseiten seiner Schenkel trotz der fast schon unerträglichen Disco-Schwüle noch einmal steigern. Darüber eine weit geschnittene Mischung aus Sommerkleid und Bluse im Karomuster, ähnlich den alten Hemden seines Vaters, die er im Herbst und Frühling immer am liebsten trug und in deren Gegenwart seine ach so jung gebliebene und am Kleidungsstil ihres Sohnes regelmäßig verzweifelnde Mutter immer abfällig zu sagen pflegte: „Geh doch gleich noch Bäume fällen!“ In diesem neuen Kontext kommt ihm eher ein lieblich duftender, saftig-frischer Fliederbusch in den Sinn – und diesen fällen zu wollen ist auch nicht ganz der richtige Ausdruck. Vielmehr würde er sich gerne in nächster Nähe anschmiegen, verschmelzen mit dieser wunderbaren Bestie mädchenhaften Daseins, eins werden mit ihren Bewegungen, die zwischen stampfenden Füßen, sexy kreisenden Hüften und grazilen, hippiehaften Armverenkungen alles und das auch noch gleichtzeitg bieten. Außergewöhnliche Anziehung, eminente Erregung – normalerweise geht er jetzt doch eine Cola holen, auf die Toilette oder gleich ganz nach Hause. Oftmals auch alles drei in dieser Reihenfolge ganz schnell hintereinander.
Doch nicht diesmal. Heute ist es was anderes. Heute ist er endlich am Drücker. Egal ob große Liebe oder großer Spaß für ein paar Nächte. Er spürt es. Und sieht es, klar und deutlich – den bei dem, was sie da auf der Nase trägt, muss es sein Abend werden...

Donnerstag, 16. April 2009

The Water

Nur noch bis morgen unter der Rubrik "one week only" auf pitchfork-tv zu sehen: der Kurzfilm "The Water" mit Leslie Feist (ja, genau die feist!), die auch gleich für den gleichnamigen Titelsong verantwortlich ist, David Fox und Cillian Murphy (The Dark Knight). Ein stilles, verstörend-poetisches Werk, dass minimalistisch und ganz ohne Dialoge auf märchenhafte Weise die drei großen Themen menschlicher Existenz Liebe, Leben und Tod hinterfragt. Die Idee dazu kommt von Broken Social Scene-member Kevin Drew, der auch Regie führt. Ganz schnell anschauen! Zu spät.

Freitag, 10. April 2009

Ähm, ich hätte da noch 1 1/2 credits aus Bologna...

Zum Karfleischtag ein auf den Punkt gebrachter Artikel von Hartwin Brandt über die dolle Hochschulreform, die in vielen Punkten einfach noch gar nicht erreicht hat, was man sich üblicherweise von einer Reform erhofft: Verbesserungen. Und über eine so riesengroße Baustelle wie absolut null angepasste Studieninhalte wird hier noch nicht einmal gesprochen.

Montag, 6. April 2009

Two Suns

Natasha Khan alias Bat for Lashes also seit heute mit ihrem neuen Album Two Suns. Und schon nach zweimaligem Durchhören bestätigen sich meine durchaus großen Erwartungen: Traumwandlerisch verstörende Symphonien, im Vergleich zum Debüt Fur and Gold auch mal etwas einfacher gestrickt, gepaart mit einem Gesang, der einem das Herz rausreißt, um es dann zu streicheln. Und auch wenn Miss Khan genau diese Tatsache negiert - ich kann damit wunderbar alleine (ein)schlafen.

Gran Torino (2008)


Der immerzu grantige und nie ganz durchschaubare Sturkopf steht ihm aber auch so gut. Wenn Clint Eastwood in seinem neuen Film „Gran Torino“ mit der Figur des eisenhart-renitenten Kriegsveteranen Walt Kowalski einen weißen, vorurteilsbehafteten Stereotyp amerikanischen Vorstadtbürgertums mimt, macht einem eigentlich nur eine Sache Angst: Die Altersflecken eines der besten Schauspieler der letzten 50 Jahre und Schaffer herausragender Filme in den vergangenen zwei Jahrzehnten werden immer größer. Schon nach seinem 2004er Übererfolg „Million Dollar Baby“ ließ es Großmeister Eastwood offen, jemals noch einmal vor der Kamera zu stehen. Nicht nur das Alter sei das Problem, sondern auch das Finden einer Story mit passendem Charakter.
Gut, dass er sich mit seinen 78 Jahren scheinbar doch noch nicht zu alt fühlt. Und die Rolle scheint ihm auf den Leib geschnitten.
Walt Kowalski lebt nach dem Tod seiner Frau ein einsiedlerisches Leben in einer amerikanischen Vorstadt, immer ein eisgekühltes Bier und eine geladene Waffe im Haus. Seine Söhne hält er für nervige Versager, die sein Ableben herbeisehnen und nach seinem Besitz trachten. Die einzige Verbündete des über und über mit festgefahrenen Vorurteilen behafteten Misanthropen ist Hündin Daisy, und wenn Kowalski sozialen Umgang zelebriert, dann schaut er bei seinem Friseur vorbei, lässt sich die Haare ‚wie immer‘ schneiden und tauscht Schimpfwortkaskaden aus, weil das richtige Männer so machen. Dem jungen Pfarrer der Stadt (Christopher Carley), der Walts Frau nach deren Tod versprochen hat, sich um ihren Mann zu kümmern, zeigt er die kalte Schulter: Jeden Versuch des jungen Mannes, mit ihm seine Verfehlungen und Kriegstraumata aufzuarbeiten, blockt Kowalsky ab. Doch die Zeit überholt den alten Mann und zwingt ihn, seinen Horizont neu auszuloten. Eine Hmong-Familie aus Südostasien zieht im Haus nebenan ein. Und die „verdammten Schlitzaugen“, sie erweichen das Herz des anfangs übermißtrauischen Alten mit ihrer Gastfreundschaft, gutem Essen und ihrer nie ins Wanken geratenen Freundlichkeit. Nicht nur zwei Völker, auch verschiedene Generationen prallen hier aufeinander. Während Oma Hmong dem alten Amerikaner von nebenan sehr mißtrauisch gegenüber steht, klärt die Tochter Walt unter anderem über die tatsächliche Rolle ihres Volkes im Vietnam-Krieg auf. Im Gegenzug mimt Walt den Beschützer und macht den beiden Teenagern klar, dass man sich in einem Viertel, in dem es nur so vor Kleingangstern wimmelt, nicht unterkriegen lassen darf. Vor allem zu dem jungen Tao (Bee Vang mit seinem professionellen Schauspieldebüt), der mittendrin ist auf der Suche nach seiner Männlichkeit, entwickelt sich ein für beide Seiten fruchtbares Freundschaftsverhältnis. Als es zum Konflikt zwischen Tao und dessen Cousin, Anführer einer eben solchen Kleingangster-Gang, kommt, schaltet sich Walt auf seine Art ein. Die Situation eskaliert.
Über all diese Ereignisse wacht der perfekt gepflegte alte Gran Torino des Ex-Fordarbeiters Kowalski. Als beinahe abgehobenes Ding-Symbol funktioniert er als Wegbereiter, stiller Begleiter und unausweichliche Verbindung einer Story, die sich auf äußerst angenehme Weise stereotypisch ausgelösten Kultur- und Generationenkonflikten annimmt. Mit einer ordentlichen Portion Witz und übertriebener Schubladen-Darstellung schafft es der Film, den Zuschauer immer wieder zum Lachen zu bringen, dabei aber nie die Ernsthaftigkeit der problematisierten rassistischen und entwicklungspsychologischen Konflikte des melting pots einer amerikanischen Vorstadtsiedlung aus den Augen zu verlieren. Glänzend aufgelegt und sich durch seine Rolle auch immer wieder selbst karrikierend präsentiert sich Herr Eastwood, dessen one-man-show allerdings zur Folge hat, dass die restliche Besetzung eher blass bleibt. Nur der 72er Gran Torino strahlt am Ende der Geschichte, nach der nichts mehr so ist, wie es einmal war, noch genauso wie am Anfang. Und wenn in der Schlusssequenz der junge Tao an dessen Steuer sitzt, wird klar, dass die Werte, die dieses Fahrzeug einmal symbolisierte und die Zeit, für die es einstand, längst überholt sind. Und werden müssen.